Die Europäische Kommission hat eine Fallstudie im Bereich „Green Public Porcurement“ veröffentlicht, die das Ausschreibungsverfahren für Möbel in Büros und öffentlichen Räumen der Stadt Helsinki aus dem vergangenen Jahr beleuchtet. Diese Ausschreibung stand im Einklang mit den Zielen der Beschaffungsstrategie 2020 der Stadt sowie dem Aktionsplan für die Circular- und Sharing Economy.
Ein zentrales Ziel dieser Strategie ist es, bis 2035 eine CO₂-neutrale Kreislaufwirtschaft zu erreichen, in der die Einkäufe der Kommune auf einer sparsamen Nutzung natürlicher Ressourcen basieren. Dies umfasst die Minimierung des Einsatzes von Neumaterialien und die Vermeidung von Abfällen. Die Ausschreibung zielte darauf ab, Lieferverträge für Büromöbel und Möbel für den öffentlichen Raum abzuschließen, die von verschiedenen Abteilungen und Geschäftsbereichen der Stadt sowie von öffentlichen Einrichtungen genutzt werden können.
Die Auftragnehmer mussten in der Lage sein, ein breites Spektrum an solchen Möbeln anzubieten. Das Referat Beschaffung und Ausschreibung der finnischen Hauptstadt schrieb einen dreijährigen Rahmenvertrag mit der Option einer Verlängerung um ein Jahr aus.
Rahmenvertrag über 40 Millionen Euro
Der maximale Auftragswert sollte 40 Millionen Euro betragen. Als Hauptkriterium für die Auftragsvergabe galt der niedrigste Preis. Faktoren wie Qualität und Nachhaltigkeit konnten bei Kleinaufträgen jedoch eine gesonderte Gewichtung von 30 bis 60 Prozent erhalten.
Die Lieferanten hatten die Möglichkeit, die Preise zu senken oder die Rabatte zu erhöhen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Zu den Auswahlkriterien gehörte außerdem, dass die Anbieter sich zur Einhaltung aller relevanten Umweltvorschriften und Gesetze, insbesondere in Bezug auf Umweltschutz und Abfallwirtschaft, verpflichtet haben, und dies durch Zertifizierungen oder überprüfbare Eigenerklärungen nachweisen.
Zudem hatten die Anbieter strenge Grenzwerte für Schadstoffe in Möbelmaterialien einzuhalten. Darüber hinaus mussten sie nachweisen, dass sie ein Sortiment an gebrauchten Möbeln anbieten können, das festgelegte Qualitäts- und Nutzungskriterien erfüllt.
Darunter fiel auch der Betrieb eines Online-Shops oder eines gleichwertigen Bestellsystems, über das die verfügbaren Möbel eingesehen werden konnten. Außerdem mussten sie sich zur Einhaltung eines Verhaltenskodex verpflichten, der die Anforderungen an die Zulieferer hinsichtlich der Nachhaltigkeit und Rechenschaftspflicht festlegt. Die Lieferanten mussten ethische Lieferketten garantieren und Transparenz durch jährliche Nachhaltigkeitsberichte schaffen können.
Die technischen Anforderungen an das Mobiliar umfassten unter anderem, dass mindestens 80 Prozent des Holzmaterials für neue Möbel aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern zu stammen (PEFC oder gleichwertig) hat. Neue Produkte mussten eine Garantie von mindestens fünf Jahren bieten, während gebrauchte Möbel eine Mindestgarantie von zwölf Monaten haben sollten. Die Ersatzteilverfügbarkeit war Bestandteil der Ausschreibung.
Ergebnisse, Auswirkungen und Erkenntnisse
Die Berücksichtigung gebrauchter Möbel als verbindliche Anforderung und die Verschärfung der Kriterien für gefährliche Stoffe hatten, so ein Ergebnis der Fallstudie, erhebliche Folgen für den Vergabeprozess und erforderten einen Branchendialog zur Bewertung der Machbarkeit.
Die größte Herausforderung bestand demnach darin, zu bestimmen, welche Nachhaltigkeitskriterien auf gebrauchte Möbel angewandt werden können, da Fragen der Rückverfolgbarkeit die Durchsetzung von Standards in Bezug auf gefährliche Stoffe erschweren. Vertragsklauseln für eine jährliche Überwachung der Einhaltung von Schadstoffkontrollen bei ausgewählten Produkten sowie Produkttests und Dokumentationsprüfungen wurden hinsichtlich der Überprüfung und Einhaltung von Schadstoffgrenzwerten als gute Alternative gewertet.
Trotz der komplexen Gesamtanforderungen wurden von dreizehn Lieferanten Angebote eingereicht und letztlich zehn von ihnen in den Vertrag aufgenommen. „Es ist noch zu früh, um die Auswirkungen des Rahmenvertrages zu bewerten, doch die Beschaffung hat sich mit wichtigen Umweltfragen befasst, indem sie Abfälle reduziert, schädliche Stoffe vermeidet und Emissionen verringert“, so die Autoren der Fallstudie.
Zehn Millionen Tonnen Möbelmüll
In der EU werden den Autoren der Studie zufolge jährlich etwa zehn Millionen Tonnen Möbel weggeworfen. Durch die Forderung nach gebrauchten Möbeln, recycelten Materialien und nachhaltigen Verpackungen könnten Deponieabfälle und Ressourcenverbrauch dahingehend minimiert werden. So hätten ähnliche Projekte den Ressourcenverbrauch und die Emissionen nachweislich bereits erheblich reduziert, heißt es in dem Papier.
Darüber hinaus seien im sozialen Bereich faire Arbeitsbedingungen, der Schutz der Menschenrechte und Transparenz in den Lieferketten durchgesetzt worden, was eine verantwortungsvolle öffentliche Beschaffung fördere und nachhaltige Praktiken im Markt etabliere.
Als wesentliche Erkenntnisse stellt die Fallstudie drei Aspekte heraus. Erstens die frühzeitige Einbeziehung des Marktes, um ein Verständnis für die Machbarkeit von Nachhaltigkeitskriterien zu gewinnen, insbesondere bei Gebrauchtmöbeln und um die Erwartungen von Käufern und Lieferanten aufeinander abzustimmen.
Zweitens kann bei gebrauchten Produkten nicht von einer vollständigen Rückverfolgbarkeit, beispielsweise bei gefährlichen Stoffen, ausgegangen werden. Bei Ausschreibungen sollte diese Einschränkung berücksichtigt werden. Daraus ergibt sich drittens die Einrichtung eines Überwachungssystems: Können nicht alle Kriterien in der Ausschreibungsphase vollständig überprüft werden, sind alternativ laufende Kontrollen und Berichterstattungspflichten für die Gewährleistung der Einhaltung von Bedeutung.