Herr Köhnlein, Office Mix hat vor kurzem einen Vertrag mit Soennecken über die Umstellung auf Lagerbezug LogServe unterzeichnet. Welche Intention steht dahinter, und welche Vorteile versprechen Sie sich davon?
Köhnlein: Das Auslagern der Logistik zu Soennecken bedeutet für uns mehr Flexibilität und mehr Liquidität. Wir müssen uns nicht mehr um die Logistik von Standardprodukten kümmern, sondern können die dadurch freiwerdenden Kapazitäten nutzen, um unseren Vertrieb und die individuellen Serviceleistungen für unsere Kunden auszubauen. Für uns ist das ein Riesenschritt in eine dynamische Zukunft.
Es ist schon überraschend, dass ein Unternehmen Ihrer Größenordnung diesen Schritt geht. Bislang hieß es doch, der Großhandelsbezug sei nur für kleinere Händler interessant. Was hat sich geändert?
Köhnlein: Der Markt verlangt nach einer immer größeren Produktauswahl. Gleichzeitig forderte unser eigener Erfolg der letzten Jahre eine immer höhere logistische Schlagzahl. Um diesen Anforderungen auch weiterhin gerecht zu werden, standen wir vor der Entscheidung, unsere Logistikfläche deutlich zu vergrößern, was ein Invest in Höhe von mehreren Millionen Euro bedeutet hätte. Als schließlich absehbar wurde, dass Klaus Mix zum 1. Januar 2020 in Ruhestand geht und wir dadurch unsere Logistik-Kernkompetenz verlieren, habe ich begonnen, die Weichen neu zu stellen. Ich selbst verstehe mich als Marktentwickler und Vertriebs-Spezialist – und in dieser Richtung sind wir auch dynamisch gewachsen. Anders als mancher Wettbewerber können wir unseren Kunden als agiles Unternehmen Sonderwünsche erfüllen – vom Visitenkartenshop bis hin zum Warehousing. Wir sind damit Lösungsanbieter für die Reduktion der Office-Prozesskosten unserer Kunden. Soennecken übernimmt dabei Einkauf und Logistik für einen Großteil unseres Sortimentes. In der Corona-Krise hat es sich gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Denn durch die Dynamik des Marktes und die Digitalisierung wird es immer wichtiger, sich auf neue Geschäftsfelder einzustellen.
Herr Schleicher, wie wurde diese Nachricht von der MGW aufgenommen, und welche Konsequenzen hat dies für die MGW?
Schleicher: Die MGW ist eine Kooperation selbständiger, regionaler, lagerführender Händler. Mit Office Mix verlässt uns 14 MGW-Gesellschafter ein erfolgreicher und kompetenter Kollege. Das bedauern wir, respektieren aber die unternehmerischen Gründe, die Office Mix dazu bewogen haben, diesen Schritt zu tun. Die Ausrichtung der MGW verändert sich durch das Ausscheiden von Office Mix nicht. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Soennecken pflegen wir nach wie vor. Übrigens, vielleicht finden wir auch neue Gesellschafter?
Die MGW ist schon seit einiger Zeit auf Neuausrichtungskurs. Wie sehen Sie die Gruppe für die Zukunft aufgestellt, und welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Schleicher: Uns Gesellschaftern der MGW geht es um Wettbewerbsfähigkeit. Sich darum noch intensiver zu kümmern, wird unter dem Veränderungsdruck dieser Tage wichtiger denn je. Es geht um Vertriebskonzepte und Marktbearbeitung, um den Beschaffungsmarkt, neue Sortimente und die Kosten. Das alles ist nicht neu. Neu ist, dass sich alle Gesellschafter engagiert in die gemeinsamen Themen und deren Bearbeitung einbringen. Das bringt uns erkennbar ein frischeres „Wir“-Gefühl, eine gesteigerte Verbindlichkeit in der Umsetzung gemeinsamer Aktivitäten und eine höhere Kommunikationsdichte. Also Neuausrichtung heißt, Ärmel aufkrempeln und gemeinsam anpacken.
Herr Barth, Sie haben das Projekt bis zur Vertragsunterzeichnung geleitet. Was waren für Sie die schwierigsten Fragen und Meilensteine?
Barth: Office Mix und Soennecken waren sich im Grundsatz schnell einig; auch die Verhandlung der Verträge war aufgrund unserer Erfahrungen aus dem Projekt mit Hugo Hamann kein Stolperstein. Schwieriger war die Dreierkonstellation zwischen der MGW, Office Mix und Soennecken. Hier bin ich der Geschäftsführung der MGW und den Gesellschaftern der MGW dankbar, dass die Entscheidung am Ende als eine unternehmerische Entscheidung von Office Mix gewertet wurde.
Muss Soennecken investieren? Wird durch das Office Mix-Volumen der Bau des bereits seit geraumer Zeit diskutierten Logistikzentrums Süd notwendig?
Barth: Sie sprechen die zweite schwierige Frage in dem Projekt bis zur Vertragsunterzeichnung an: Wir sind zu Beginn der Gespräche tatsächlich davon ausgegangen, dass wir für die Abwicklung von Office Mix ein Lager im Süden bauen müssen. Die damit verbundenen Fragen, insbesondere die nach der Eigenkapitalausstattung der Soennecken eG, den Managementressourcen und den Risiken für den Fall einer konjunkturellen Krise haben uns intern sehr stark beschäftigt. Für das Projekt Office Mix mussten wir diese aufgrund der konjunkturellen Entwicklung und natürlich aufgrund der jetzt eingetretenen Umsatzverluste im Zusammenhang mit der Corona-Krise nicht beantworten. Wir können Office Mix gut in unserem Logistikzentrum abwickeln, nachdem wir die Nord-Umsätze nach Kiel verlagert haben. Aber ich bin sicher, dass sich die angesprochenen Fragen damit nicht erledigt haben, sondern wir diese in einigen Jahren wieder auf dem Tisch haben werden. Jetzt freuen wir uns aber erst einmal auf die Zusammenarbeit mit Office Mix.
Kontakt: www.officemix.de www.soennecken.de www.mgw-os.de
Hintergrund
Das Fachhandelsunternehmen Office Mix aus Mannheim – einer der führenden Streckenhändler in Deutschland und eines der größten Soennecken-Mitglieder – hat mit der Soennecken eG einen Vertrag zur verstärkten Nutzung von LogServe unterschrieben. Nach längeren Gesprächen hat man sich nun über die konkrete Ausgestaltung der Zusammenarbeit verständigt, und im ersten Quartal 2021 werden die ersten Pakete für Office Mix aus dem Soennecken-Lager in Overath versendet. Peter Köhnlein, geschäftsführender Gesellschafter von Office Mix, stellt dazu fest: „Wir wollen uns auf den Vertrieb und unsere Kunden konzentrieren. Das ist unsere Stärke und meine Leidenschaft. Soennecken hat bewiesen, dass sie Einkauf und Logistik beherrschen.“ Und schließlich, so Köhnlein weiter, sei es das Wesen einer Kooperation, dass jeder das tut, was er am besten kann. Soennecken-Vorstand Dr. Rainer Barth freut sich auf die Zusammenarbeit: „Voraussetzung für eine solche Zusammenarbeit ist hohes persönliches Vertrauen. Es waren viele Details zu klären und bis zum Start der logistischen Zusammenarbeit in 2021 liegt noch viel Arbeit vor uns. Aber die Mühe wird sich lohnen, und wir freuen uns darauf, gemeinsam mit Office Mix weiter zu wachsen.“
