Lebendige Innenstädte leben nicht nur von Ketten und großen Einkaufshäusern, sondern auch von Pop-up-Store, Kitas, betreuten Indoorspielplätzen und Cafés. Doch die Betreiber solch alternativer Konzepte mieteten sich bisher kaum in der Innenstadt ein. Stefan Schillinger, Managing Partner des Münchner Immobilienentwicklers und Asset Managers Accumulata Real Estate Group, betont vor diesem Hintergrund, dass der Rückgang der Mietpreise bei Einzelhandelsflächen nun eine Herausforderung aber auch Chance zugleich ist: „Nicht nur finanziell, sondern auch kulturell hat die Innenstadt während der Corona-Pandemie unter ihrer Monokultur gelitten. Als Herzstück der Stadt hat die Innenstadt sowohl einen wirtschaftlichen als auch einen soziokulturellen Wert, der über die Jahre zu oft außer Acht gelassen wurde“, erklärt er. Die aktuell sinkenden Innenstadtmieten bieten Schillinger zufolge deshalb bei richtiger Neuvermietung eine Chance auf durchmischte und lebendigere Innenstädte.
Gentrifizierung neu gedacht
Die Zahlen des IVD-Instituts zeigen: Wo im Frühjahr 2020 bei einer Ladenfläche von 80 Quadratmetern in der Münchner Neuhauser Straße noch 410 Euro pro Quadratmeter fällig waren, sind es im Frühjahr 2021 nur noch 300 Euro. Im Vergleich dazu: In der Dachauer Straße, etwas abseits der Innenstadt, beträgt die Ladenmiete bei derselben Größe 24,50 Euro statt 28 Euro im Vorjahr. „In München sind die Mietpreise für Einzelhandelsflächen weiterhin deutlich höher als im Rest des Landes. Betreiber alternativer Konzepte haben sich meist wirtschaftlich noch nicht etabliert. Sie können sich Topmieten in Innenstadtlagen nicht leisten“, erklärt Schillinger. Ihm zufolge stellen die sinkenden Mieten den Anfang eines neuen, positiven Gentrifizierungszyklus dar, der jetzt gestaltet werden muss. So sind die finanziellen Spätfolgen der Corona-Pandemie und diverser Lockdowns in Form von Insolvenzen noch nicht abzusehen. Schon jetzt ist ein Rückgang von Verkaufsflächen in deutschen Innenstädten zu beobachten und Schillinger erörtert: „Die innerstädtischen Shoppingmeilen werden sukzessive durch Quartiere abgelöst. Im Gegensatz zur herkömmlichen Einkaufsmeile beinhaltet der Quartiersgedanke ein multifunktionales Versorgungsangebot mit komplementären Eigenschaften. Die Innenstadt muss sich ebenso zum One-Stop-Shop entwickeln, der den lebensnotwendigen Bedarf bei schneller Erreichbarkeit abdeckt.“
Ideen in bekannten Systemen vielfältig umsetzen
Ansätze gibt es viele: vom synergetischen Mixed-Use-Gebäude, wo der Vater sein Kind in die Kita geben und zum Arbeiten ins Makerspace gehen kann, bis hin zum Café, das am Abend als Atelier fungiert. „Die Betreiber alternativer Konzepte bringen immer einen besonderen Spirit mit, der uns die nächsten Jahre erhalten bleiben und die Innenstadt mit Leben füllen könnte. Für diese Entwicklung müssen wir niedrigere Mietpreise bei Einzelhandelsflächen aktuell nicht nur in Kauf nehmen, sondern bewusst zulassen“, so Schillinger. Denn auch wenn, wie bei jedem Zyklus, die Mietpreise irgendwann wieder steigen, solle doch der Geist der Pioniere dann weiterhin erhalten bleiben, um Monokulturen zu verhindern.
Kontakt: www.accumulata.de