Für die Studie „Der deutsche Einzelhandel 2020“ des Forschungsinstituts ibi research an der Universität Regensburg, die zusammen mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und 46 Industrie- und Handelskammern durchgeführt wurde, wurden deutschlandweit mehr als 1400 Einzelhändler jeder Größe zum Einfluss der Digitalisierung befragt. Demnach verkaufen 49 Prozent der Befragten ihre Produkte ausschließlich stationär und 37 Prozent sind sowohl stationär als auch online unterwegs. 14 Prozent rechnen sich zu den reinen Online-Händlern. Dabei stufen beispielsweise kleine Handelsunternehmen ihr Wissen in Bezug auf die Digitalisierung schlechter ein als größere Unternehmen. Das spiegelt sich auch in der Technologienutzung wider, weiß Dr. Georg Wittmann, Geschäftsführer bei ibi research und verantwortlich für die Studie: „Auffällig ist, dass es viele kleine Händler sind, die auf digitale Lösungen verzichten. Bei großen und mittleren Händlern sind digitale Helfer fester Bestandteil im Front- und Back-Office.“ Bei der Kundenkommunikation nutzt die Mehrheit eine eigene Website, betreibt einen Facebook-Auftritt oder einen Google-My-Business-Eintrag. Allerdings: Je größer der Betrieb, desto mehr digitale Anwendungen werden genutzt – auch bei Warenwirtschaftssystemen oder in der Personalverwaltung.
Digitalisierung wichtigster Treiber für neue Geschäftsmodelle
„Die Studie zeigt, dass der stationäre deutsche Einzelhandel sein klassisches Geschäftsmodell weiterentwickelt und die begonnene Digitalisierungsstrategie mit Hochdruck fortsetzen sollte. Die Corona-Krise hat den E-Commerce gestärkt“, erklärt Dr. Ilja Nothnagel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des DIHK. Aber gerade für kleine Händler hapert es oftmals an der praktischen Umsetzung, denn häufig fehlen dort Zeit und Geld für den Wandel. Außerdem sind rechtliche Unsicherheiten wie Datenschutz oder Informationspflichten ein großes Hindernis. Auch in weiteren anstehenden Regulierungen sowie der Marktposition globaler Marktplätze sehen zwei Drittel der befragten Händler einen negativen Einfluss auf ihr Unternehmen. „Beim Start in den Online-Handel unterstützen die Industrie- und Handelskammern die Betriebe mit vielen Angeboten. Aber das allein reicht nicht. Es geht um Breitbandanbindung, aber auch um gesetzliche Regelungen. So sollte zum Beispiel das geplante pauschale Verbot von Retourenvernichtungen, vermieden werden”, so Nothnagel weiter. Ein wichtiger Bestandteil bei der erfolgreichen Digitalisierung sind gute Produktdaten, dessen Management oftmals sehr arbeitsaufwändig ist, weshalb lediglich zwei Drittel der Unternehmen mit deren Qualität zufrieden ist.
Die IT-Sicherheit hat also eine große Bedeutung für deutsche Handelsunternehmen, das zeigt die Studie ganz deutlich – doch nur 28 Prozent der kleinen Unternehmen haben bislang eine systematische IT-Sicherheitsanalyse durchgeführt. „In beiden Bereichen herrscht hoher Nachholbedarf. Die Anforderungen an die IT-Sicherheit sowie das Produktdatenmanagement werden immer höher, je mehr sich unsere Gesellschaft digitalisiert“, weiß Wittmann und zieht sein Fazit: „Der Handel muss jetzt handeln. Nie wieder wird die Digitalisierung so langsam sein wie heute. Das Aufzeigen von Handlungsoptionen und Hilfe bei der konkreten Umsetzung sollten erste Ansatzpunkte sein. Gerade kleine Händler benötigen angesichts fehlender Ressourcen – bezahlbare – fachliche Unterstützung und externes Know-how.“
Kontakt: www.ibi.de/handelsstudie2020