Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend 17 Prozent über dem Vormonat und 48 Prozent über dem dem Wert im Oktober 2023. Der aktuelle Wert liegt zudem 66 Prozent über dem durchschnittlichen Oktoberwert der Jahre 2016 bis 2019, vor der Corona-Pandemie. Das letzte Mal, dass in einem Oktober mehr Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften registriert wurden, war im Jahr 2004.
Steffen Müller, Leiter der Insolvenzforschung am IWH, führt die hohen Zahlen auf mehrere Faktoren zurück. Eine konjunkturelle Schwäche trifft auf gestiegene Lohn- und Energiekosten. Zudem wirken sich die Pandemie sowie neue Rahmenbedingungen auf die Wirtschaft aus. Durch staatliche Hilfsprogramme wurden Insolvenzen während der Pandemie hinausgezögert. Die Niedrigzinsphase machte es Unternehmen möglich, sich mit günstigen Krediten über Wasser zu halten. Seit der EZB-Zinserhöhung 2022 trifft die hohe Verschuldung diese Unternehmen besonders hart, was zu mehr Insolvenzen führt.
Auch Großbetriebe werden geschlossen, was für Arbeitnehmer Einkommens- und Lohneinbußen bedeutet. Die Zahl der Großinsolvenzen liefert einen Näherungswert für die Gesamtzahl aller Insolvenzen und deren betroffene Arbeitsplätze. Im Oktober waren bei den größten zehn Prozent der insolventen Unternehmen trotz hoher Insolvenzzahlen nur knapp 11.000 Arbeitsplätze betroffen. Die Zahl der betroffenen Arbeitsplätze liegt mehr als 50 Prozent unter dem Wert des Vormonats und etwa auf dem Niveau von Oktober 2023, aber 30 Prozent über dem Durchschnitt von 2016 bis 2019.
Die trotz hoher Insolvenzzahlen vergleichsweise geringe Zahl an betroffenen Jobs geht auf das Fehlen großer Insolvenzen zurück. Große Insolvenzfälle hatten noch die Vormonate geprägt. Anders als die hohen Insolvenzzahlen vermuten lassen, waren die Auswirkungen des Insolvenzgeschehens auf den Arbeitsmarkt im Oktober somit überschaubar.
Das IWH erhebt Frühindikatoren, die zwei bis drei Monate vorauslaufen. Im Juli stiegen die Indikatoren stark an, weshalb für Oktober ein hoher Wert zu erwarten war. Da die Frühindikatoren zwischen August und Oktober wieder etwas fielen, sind Rückgänge der Insolvenzzahlen im November und Dezember möglich. Die Insolvenzzahlen liegen aber immer noch deutlich über dem Niveau vor der Doppelkrise.
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